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Stadtrat scheitert mit der Einleitung eines Abwahlverfahrens

Veröffentlichungsdatum: 25.03.2024 PM 046-2024

Am vergangenen Donnerstag war der Stadtrat der Einheitsgemeinde mit verkürzter Ladung extra zusammengekommen, um über die Einleitung eines Abwahlverfahrens entscheiden zu können. Der Antrag war bereits am sechsten Dezember 2023 im Stadtrat an den Vorsitzenden übergeben worden.

Trotz dessen, dass auf Grund der verkürzten Ladungsfrist der Termin nicht ortsüblich bekannt gemacht werden konnte, war das Interesse der Bürgerinnen und Bürger wieder enorm. Bereits bei der Sitzung in der Vorwoche zum gleichen Thema hatten über 80 Gäste die Sitzung mit verfolgt. Am Donnerstag waren es nochmal mehr, die sich für das Thema interessierten.

In der Einwohnerfragestunde gab es gestern keine Fragen. Diese hatte Philipp Handke bereits in der Vorwoche an den Vorsitzenden Werner Jacob gerichtet. Was genau soll bei der konstant schwierigen finanziellen Situation der Einheitsgemeinde, wie besser funktionieren als aktuell? Welcher Alternativplan besteht?

Stadtratsvorsitzender Werner Jacob mit einem Versuch der Antwort: „Wenn wir dazu entschieden haben , werde ich eine Antwort geben. Die Vorgehensweise steht im Gesetz,“ so Werner Jacob. Für den Fragesteller verfestigte sich der Eindruck, dass das Verfahren planlos und ohne perspektivische Handlungsoptionen angestoßen worden war.

Mit ungewöhnlich viel Applaus, für eine Stadtratssitzung, wurden die einleitenden Worte von Philipp Handke bedacht. Dieser hatte erklärt, „dass vielen der heute anwesenden Angestellten der Einheitsgemeinde, es am Herzen liege auch ein konträres Bild der Kooperation aufzuzeigen. Und das nicht aus einem Abhängigkeitsverhältnis heraus, sondern aus der Erfahrung mehrere Jahre der Zusammenarbeit.  Die Kooperation zwischen den Einrichtungen der Verwaltung und somit auch Frau Altmann und Herrn Brohm ist sehr konstruktiv. Sicher gibt es im Detail auch verschiedene Ansichten, die man aber konstruktiv lösen konnte.“

Doch Applaus war an diesem Abend nicht erwünscht im Stadtrat und wurde vom Stadtratsvorsitzenden untersagt. Seine Stellvertreterin hatte auch in den Raum geworfen, dass man auch den Saal räumen lassen könnte.

Als bei einer weiteren Bürgerfrage, die Frage aufkam, ob die stellvertretende Stadtratsvorsitzende Edith Braun abgewählt werden kann, da sie sich nur für Lüderitz einsetzt und eigentlich gar nicht mehr zur Einheitsgemeinde dazu gehören möchte, wurde das auch mit entsprechenden Beifall bedacht und gab der Sitzung einen etwas anderen Charakter, als sonst üblich.

Am Donnerstagabend ermahnte der Vorsitzende die Gäste erneut, nicht zu Applaudieren, ließ aber im Verlauf der Sitzung das Publikum gewähren. Den Gästen bot sich eine emotional geführte Diskussion mit erschreckenden Einblicken in die Kommunalpolitische Wirklichkeit.

Den Anfang machte Alexandra Schleef (WG UWGSA) die klarstellte, dass das Verfahren in keinem Verhältnis zu den angeblichen Versäumnissen steht. Dann ergriff Stadträtin Ritta Platte das Wort und erklärte, wie falsch Sie das Verfahren findet und den ganzen Akt als wenig zielführend beschrieb. Jedoch ist Sie von einem Stadtrat dermaßen unter Druck gesetzt worden, „damit habe ich heute noch zu kämpfen“ beschreibt sie ihre Emotionen. Nach Rücksprache mit dem Ortschaftsrat Grieben wird sie nicht, entsprechend ihrer Überzeugung abstimmen, sondern dem Druck nachgeben und dafür stimmen. Als Grund gab Sie an „nicht das Zünglein an der Waage“ sein zu wollen. Im Raum soll auch gestanden haben, dass man für die Schließung der Kita in Grieben sorgen könne als Stadtrat.

Ihre Worte sorgten für entsetzte Blicke der Gäste und einen kurzen Moment der Stille. Erst später monierten Räte, dass dies so doch nicht sein könne. So kann doch hier nicht mit einander umgangen werden, war einer dieser Einwürfe.

Wie zu erwarten war übten einige der 19 Stadträte, die den Antrag auf den Weg gebrachten hatten, Kritik an der Amtsführung des Bürgermeisters und forderten entsprechend Ihres Antrages, ihn auf Verantwortung zu übernehmen. Bürgermeister Andreas Brohm konnte sich an der Diskussion nicht beteiligen, da er im Mitwirkungsverbot stand und damit an der Willensbildung der Stadträte nicht mitwirken durfte.

Auslöser des Abwahlantrages war die weltweite Berichterstattung über einen geführten Diskussionsprozess, um eine mögliche Umbenennung der Kita „Anne Frank“. Bereits nach einer Woche hatte sich das Interesse der Medien im November vergangenen Jahres wieder völlig beruhigt. Bürgermeister Andreas Brohm hatte dies selbst als „Hurrikan“ bezeichnet und sich vor Eltern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestellt.

Das der Ortschaftsrat Tangerhütte und damit einzelne Stadträte, darunter auch der Stadtratsvorsitzende Werner Jacob selbst am Prozess beteiligt waren, kam nicht zur Sprache. Im Protokoll des Ortschaftsrates aus dem Juli 2023 heißt es. „Die Mitglieder des Ortschaftsrates respektieren den Wunsch mehrheitlich und überlassen es den Eltern, dem Kuratorium und den Erzieherinnen und Erziehern, gemeinsam einen neuen Namen für die Kita vorzuschlagen und zu beschließen.“

Am Donnerstagabend hat Stadtrat Michael Bartoschewski den Mut seinem Gewissen zu folgen und erklärte, dass er dem nicht zustimmen werde. Nach einem langem Abwägungsprozess kommt er zur Entscheidung, dem Antrag nicht zu zustimmen. „Schon die Unterschrift unter dem Antrag war falsch“ gewesen“, so seine Einschätzung.

Am Ende kam es zu einer namentlichen Abstimmung in der sich 19 Stadträte für die Abwahl aussprachen und sechs dagegen. Damit ist der Antrag gescheitert, denn es hätte 20 Stimmen für die Einleitung eines Abwahlverfahren bedurft.

Sichtlich erleichtert wirkte Bürgermeister Andreas Brohm nach der Bekanntgabe des Ergebnisses. Auf die Frage ob es denn so sei antwortete dieser, „natürlich geht das nicht spurlos an einem vorüber, Im Grunde haben wir uns vier Monate nur mit uns selbst beschäftig. Der Anstoß zu dem Verfahren hat erst einen Schaden verursacht.“ Mit Blick auf die Ausführungen von Rita Platte sagte er; Was wir hier heute erlebt haben ist kaum zu ertragen, wie kann es sein, dass Stadträte so unter Druck gesetzt werden, dass Sie nicht in der Lage sind Ihre eigene Entscheidung zu treffen? Das lässt mich fassungslos zurück und wirft keine gute Bild auf die Arbeitsweise im Stadtrat der Einheitsgemeinde.

„Wir müssen gemeinsam nach vorn schauen“, wird Andreas Brohm versöhnlich. „Die Herausforderungen werden wir nur gemeinsam schaffen. Wir sollten das Erreichte der vergangenen Jahre nicht klein reden und auch nicht unsere Möglichkeiten unterschätzen.“

Das Abwahlverfahren ist damit vom Tisch und wiederholt sich nicht nach 10 Jahren erneut für die Einheitsgemeinde.

Für die Abwahl stimmten:

Werner Jacob, Marcus Graubner, Christoph Plötze, Marco Radke, Michel Allmrodt, Steffi Kraemer, Peter Jagolski, Ralf-Peter Bierstedt, Edith Braun, Matthias Sprunk, Uwe Nastke, Rita Platte, Dieter Pasiciel, Björn Pauke, Daniel Wegener, Michael Nagler, Wolfgang Kinszorra, Sven Wegener, Ralf Breuer 

Gegen die Abwahl stimmten:

Dr. Frank Dreihaupt, Alexandra Schleef, Carmen Kalkofen, Wilko Maatz, Bodo Strube, Michael Bartoschewski

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