Veröffentlichungsdatum: 05.02.2024 - PM 2024 - 018/2024
Bereits im vergangen Jahr war im November den Stadträten ein Haushaltentwurf zur Abstimmung vorgelegt worden. Auf der Sitzung am sechsten Dezember 2023 war dieser aber vertagt worden. Damals war unklar wie nun eine Kompromisslösung aussehen könnte. Bürgermeister Andreas Brohm schien am Mittwochabend im Stadtrat nicht damit gerechnet zu haben, die Eckdaten des Haushaltes für das laufende Jahr vorstellen zu können und musste zunächst noch die entsprechende Vortragstechnik vorbereiten. Was sich dann aber Anschluss war eine Lehrstunde aktuell gelebter Kommunalpolitik. Bürgermeister Andreas Brohm sagte im Abschluss, „mich hat die gute Vorberatung und die innere Haltung einzelner Stadträte beeindruckt, sowas habe ich zu selten im Stadtrat erlebt“ In einer zu weiten Teilen sachlich geführten Diskussion überzeugten sich Stadträte gegenseitig mit Argumenten und Gegenargumenten. Man konnte förmlich spüren, dass hier eine Mehrheit gewillt war eine richtige Entscheidung für die Einheitsgemeinde treffen zu wollen. Auf der einen Seiten wurden Drohszenarien entworfen und Angst geschürt. Dem Stand der Wunsch gegenüber, die Einheitsgemeinde mit einem positiven Beschluss ins Handeln zu bringen. Zunächst wurde geäußert, dass es so „nicht weiter gehen könne“ und man „viele Veränderungen endlich angehen müsse“. Man muss „die Sparbemühungen erhöhen“, so die Forderungen. Das all dies bereits in zwei Klausurtagungen zum Haushalt besprochen worden war, blieb an diesem Abend unerwähnt. Steffi Kramer (SPD) führte sachlich und konkret auf, was der Haushalt alles für Möglichkeiten bietet. Und verwies u.a. auf die gestiegenen Ansätze in der Straßenunterhaltung. Diese sind von 165.000€ auf 469.000€ erhöht worden. Der Aufwand in Straßenbeleuchtung ist von 80.000€ auf 230.000€ erhöht worden. Die Aufwendungen bei Elektroenergie Straßen sind von 135.000€ auf 265.000 € angepasst worden. Für die Begrünung und Baumpflege ist die Verdopplung der Ansätze vorgesehen von 25.000 € auf 50.000 €. Auch für die Feuerwehr sind Mehrausgaben von über 150.000€ vorgesehen. „Es ist besser das zu ermöglichen mit einer Zustimmung, als mit einer Ablehnung für Stillstand zu sorgen.“, sagte Sie an das Gremium gerichtet. Der Haushalt 2024 sieht Investitionen in Höhe von 950.000€ vor. Insgesamt 65.000€ sind für die Schaffung neuer Löschwasserentnahmestellen eingeplant. Über 700.000€ sind als Eigenanteil für die Anschaffung von zwei neuen Fahrzeugen für die Feuerwehr eingeplant. Mit 20.400€ sind die Planungskosten für einen Gerätehausneubau in Bellingen eingeplant. Die Ausstattung der Kindertageseinrichtungen ist mit 20.000€ geplant. 100.000€ sind eingeplant für die Modernisierung der Kita in Lüderitz. Insgesamt 11.500€ sind für Anschaffung der Wasserwehr vorgesehen. Im Januar hatte Frau Platte (Ortsbürgermeisterin Grieben) konkrete Ergänzungswünsche zum Haushalt dem Bürgermeister vorgestellt und gebeten diese als Änderungsanträge zum Haushalt einzubringen. Für einen Teil der Liste kam dieser dem Wunsch nach. Dies brachte ihr den Vorwurf von Michael Nagler (WG Zukunft) ein, dass Ihre Zustimmung erkauft sei. Wer für eine positive Beschlussfassung zum Haushalt war, musst einiges an Verbalattacken über sich ergehen lassen. Umso erstaunlicher dann doch die mehrheitliche Zustimmung zum Haushaltskonsolidierungskonzept und dem Haushalt 2024.
Folgende Änderungen wurden noch zum vorliegenden Entwurf beschlossen
- Der Jugendclub Grieben wird als Investitionsmaßnahme für 2025 mit aufgenommen und soll mit Fördermittel und 20.000€ Eigenmittel errichtet werden.
- Der Schaffung einer Personalstelle für die Jugendarbeit der Einheitsgemeinde wurde abgelehnt
- Bereitstellung eines Budget zur Herrichtung des Kulturhauses für die Kinder -und Jugendarbeit
- Anschaffung eines Aufsatzrasenmähers in 2025
- Erhöhung der §7 Mittel auf 9€ je Einwohner (somit würden der Ortschaft Tangerhütte anstatt der 27.000€ über 45.000€ jährlich zustehen)
- Erhöhung des Budget zur Anschaffung des Mobiliars in der Kita Friedrich Fröbel von 20.000€ auf 60.000€
- Eine maximale Kassenkreditaufnahme von 8,6 Mio.€
- Streichung der Schließung der Kita Demker als HKK-Maßnahme
- Die Einheitsgemeinde trägt die Kosten in Höhe von 10.000€ für den Anschluss des Jugendclubcontainers in Lüderitz an das Wasser -und Abwassernetz.
Wo am Anfang der Diskussion noch der Ruf nach Sparmaßnahmen zu vernehmen war, verflog dieser bei der Kompromisslösungsfindung. Am Ende steigen die Ausgaben weiter, was mit weniger Liquidität umsetzen ist. „Es ist besser einen schlechten Kompromiss gefasst zu haben, als keinen“, fasst es Bürgermeister Andreas Brohm zusammen. „Offensichtlich können wir nur Kompromisse finden, wenn es etwas zum Verteilen gibt in einer Demokratie. Mich erschreckt, dass wir im Stadtrat keine Mehrheiten für erforderliche, notwendige und wirtschaftliche Entscheidungen finden. Wir finden nicht den Mut, das Notwendige zu tun, dieses zu erklären und wenn nötig auch dafür einzustehen.“ so Andreas Brohm. Der Haushalt und das Haushaltskonsolidierungskonzept muss von der Kommunalaufsicht noch genehmigt werden. Damit bleibt die Einheitsgemeinde weiterhin in der vorläufigen Haushaltsführung. Das bedeutet, dass nur die Umsetzung notweniger Maßnahmen erlaubt ist. Neue Maßnahmen dürfen nicht begonnen werden.
Fakten zum Haushalt
Die Einheitsgemeinde hat seit dem Jahr 2014 Ihre Schulden um ca. 7,5 Mio.€ von ca. 10 Mio.€ auf 2,5 Mio.€ im Jahr 2022 abgebaut. Damit einhergeht, dass die Tilgungsleistungen sich von jährlich um die 700.000€ auf unter 200.000 im Jahr 2024 reduziert haben werden. Parallel dazu hat die Einheitsgemeinde über 30.000.000€ in Schulen, Kitas, Infrastruktur oder u.a. in den Brand- und Katastrophenschutz investiert. Die Einnahmen der Einheitsgemeinde aus Gewerbesteuer, Einkommensteuer oder Umsatzsteuer steigen stetig seit Jahren. War das Gewerbesteueraufkommen im Jahr 2014 noch bei 1,5 Mio.€ so plant man für das laufende Jahr mit 4 Mio.€ Gewerbesteueraufkommen. Auch das Erschließen zusätzliche Einnahmenquellen hat die Einheitsgemeinde pro aktiv vorangetrieben. So rechnet man mit Einnahmen aus der EEG-Umlage erstmals ab dem Jahr 2024 mit 60.000€. Diese sollen dann im Jahr 2025 auf 1.000.000 Mio.€ im Jahr steigen. Grund hierfür ist der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen. Doch alle diese Bemühungen sind nicht ausreichend, um die Aufgaben der Flächengemeinde auskömmlich zu finanzieren. Die Ausgaben verzeichnen einen höheren Anstieg als die Einnahmen. Die Folge ist, dass die Einheitsgemeinde in den Folgejahren höhere Aufwendungen als Erträge hat. Allein für das Jahr 2023 wurde mit einem Defizit in Höhe 2.Mio.€ gerechnet. Bis zum Jahr 2028 könnte sich das Defizit auf über 10 Mio.€ belaufen. Allein bei den Kosten für die Kinderbetreuung ergibt sich aktuell ein jährliches Defizit von 2,88 Mio. € Im Jahr 2021 hat das Defizit noch bei 1,622 Mio.€ gelegen und damit um 1,254Mio.€ geringer als aktuell. Auch bei der Gegenüberstellung von Landes-Zuweisung und Kreisumlage wird deutlich, welchen Anteil die Einheitsgemeinde zusätzlich erwirtschaften muss. Lagen die Zuweisungen im Jahr 2021 mit gut 3,46 Mio.€ noch mit 134.000 über der zu zahlenden Kreisumlage, so ergibt sich für das aktuelle Jahr ein völlig anderes Bild. Bei 4,513 Mio. € Kreisumlage muss die Einheitsgemeinde zur Zuweisung des Landes in Höhe von 2,554 Mio.€ noch 1,959 Mio.€ zusätzliche Mittel aufbringen zur Finanzierung der Kreisumlage. Mit zehn Kinderbetreuungseinrichtungen, der Kernverwaltung, dem Bauhof und weiteren Einrichtungen ist der Personalkostenanteil der größte im Haushalt. Auch hier gibt es keinen Spielraum für Einsparungen, will man die Leistungsfähigkeit nicht noch weiter einschränken. Am Beispiel der Kernverwaltung zeigt der Bürgermeister auf, dass obwohl viele neue Aufgaben seit 2015 auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinzugekommen sind, die Gesamtpersonalstundenanzahl nahezu gleichgeblieben ist. Mit insgesamt 1369 Stunden liegt diese knapp unter der aus 2015 mit 1383 Stunden. Seit Jahren sind die Personalausgaben in diesem Bereich konstant. Bürgermeister Andreas Brohm stellte fest, dass die Einheitsgemeinde viel leistet und in den vergangenen Jahren viel geleistet hat und handlungsfähig ist. Es ist dennoch festzuhalten, dass wir nun diese Handlungsfähigkeit mit einem höheren Kassenkredit absichern müssen. „Mit Blick auf die Aufgaben der Einheitsgemeinde, können wir keine weiteren Einsparungen vornehmen, im Gegenteil wir müssen, um handlungsfähig zu bleiben, in unsere Infrastruktur, in unser Personal oder auch in den Brand- und Katastrophenschutz mehr investieren“, so Andreas Brohm und weiter. „Die Finanzausstattung der Kommunen ist das größte Problem. Wenn wir die Bürgerinnen und Bürger nicht höher belasten wollen, bedarf es einer tiefgreifenden Verwaltungsreform. Der Kostendruck, muss auch im Land und Bund zu Strukturveränderungen und Kosteneinsparungen zu Gunsten von kleinen Kommunen führen.“